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Für diese Szene brauchst du keinerlei Vorkenntnisse zur Sinners of Blackwood Reihe. Viel Spaß beim Lesen.
 

Dario

ACHT JAHRE ZUVOR



Leben bedeutete Schmerz.
Und Schmerz war das Einzige, auf das ich mich verlassen konnte. Zuhause war er allgegenwärtig.
In den Augen meiner Schwestern Leo und Melissa, die ängstlich umherschlichen, um unter dem Radar unseres Vaters zu bleiben.
In den Wänden, die über die letzten Jahre so viel gehört hatten, dass es das frühere Zuhause meiner Mutter verseucht hatte.
In jedem Winkel, in jeder Ecke. Es gab keinen Ausweg.
Der Schmerz lauerte dort unten im Keller, wie ein riesiger schwarzer Wolf in der Dunkelheit und mit jedem Mal, dem wir ihm begegneten, verschlang er einen Teil von uns.
Manchmal fragte ich mich, ob überhaupt noch genug menschliches in mir vorhanden war oder ob der Schmerz - der Wolf - nur eine leere Hülle hinterlassen hatte.
»Was ist jetzt?« Arian kam aus der Dusche, rubbelte sich über die nassen Haare und runzelte die Stirn. »Warst du wieder nicht duschen?«
Silas lachte. »Er hat Schiss, dass sein Schwanz zu klein ist.«
Doch Arian durchbohrte mich nur mit seinem Blick, der immer mehr zu sehen schien, als die der anderen. »Alles okay?«
»Klar.« Ich nahm meine verschwitzten Sportsachen von der Bank und stopfte sie in die Tasche. »Was soll sein?«
Arian hielt inne. Er wartete, bis Silas und der Rest der Mannschaft unter der Dusche war und setzte sich auf die Bank. »Wenn irgendwas ist, du kannst mit mir reden.«
Hastig stopfte ich die Turnschuhe in die Tasche und schloss sie. »Kommst du mir jetzt ernsthaft mit diesem Schaffs dir von der Seele Scheiß? Fuck, was soll los sein?«
»Warum duschst du nie nach dem Training?«
Fuck, war das sein Ernst? Seit wann interessierte sich irgendjemand für die Gründe meines Verhaltens? Niemand hinterfragte irgendetwas, denn jeder war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Es kam mir gelegen. Denn es gab nichts, über das ich reden wollte.
»Also was ist los?«
Ich lächelte. »Studier Psychologie nach der Highschool. Werde Seelenklempner Parrish, aber halt dich aus meinem Kopf raus.«
Doch Arian wäre nicht Arian, wenn er nicht nachhakte. Er stand auf, zog sich Jeans und Pulli über und lehnte sich gegen den Spind. »Du gehst auch nie mit uns schwimmen.«
Ich zog meine Schachtel Blunts aus der Hosentasche und steckte ihn mir in den Mund. »Ja sorry, Bro. Sucht euch einen anderen für die Schwuchteleien.«
Sein Kiefer verspannte sich. Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Lass den Scheiß. Das zieht vielleicht bei Sil und Mike, aber nicht bei mir.«
Ich warf meine Sporttasche über die Schulter, zündete den Blunt an und zog daran. Ich hatte keine Zeit für Arians Redebedarf. Leo und Melissa waren alleine mit Carlos. Sie brauchten mich.
»Leo ist auch ständig alleine«, sagte er, als hätte er meine Gedanken gehört und ich hielt inne. »Sie treibt sich mit ständig neuen Typen rum. Die anderen Mädchen reden über sie. Was ist los bei euch, Dario?«
Hitze schoss in meinen Magen, meine Muskeln verspannten sich. Ich warf den Blunt zu Boden, stürmte zu Parrish und stieß ihn gegen den Spind.
»Halt dich von meiner Familie fern oder ich töte dich.«
Der souveräne Ausdruck in seinen Augen wandelte sich zu Angst. Mit weit aufgerissen Augen starrte er mich an. Vielleicht hielt er es für eine Floskel, aber vielleicht sah er auch die Wahrheit. In dieser Hinsicht war Arian wie die anderen an der Sacramento High. Sie alle spürten die Dunkelheit in mir.
Ich packte den Kragen seines Pullis und beugte mich zu ihm. »Ich habe kein Problem damit, dir die verdammte Kehle aufzuschlitzen, also halt dich verdammt noch mal raus. Ist das klar?« Ich ließ ihn los, nahm meine Sporttasche und verließ die Umkleidekabine.
Als ich den Flur betrat, schob ich mein Skull Tuch vor Mund und Nase. Die entgegenkommenden Schüler wichen zur Seite. Manche blieben stehen und starrten mir nach, als wäre ich ein Tier im Zoo, doch niemand wagte es, mich anzusprechen. Seitdem ich bei den Skulls war, mieden sie mich. 
Uns alle.
Gut so. Im Gegensatz zu Arian verstanden sie, dass es besser war, sich von mir fernzuhalten.
In der Tasche vibrierte das Handy und sofort schoss Adrenalin durch mein Blut. Ich nahm ab und rannte los.
»Wann kommst du?«, flüsterte Leo. Ihre Stimme zitterte. »Er hat ... Melissa ist mit ihm im Keller.«
Scheiße. Fuck, ich musste mich beeilen.
Ich riss die Tür auf, rannte über den Parkplatz und schloss hastig den Wagen auf. »Wo bist du?«
»Im Schrank«, flüsterte sie. »Ich bin feige, Dario.« Sie schluchzte leise. »Ich bin so feige.«
»Du bist klug. Jetzt sei leise, ich bin gleich da.«
Ich legte auf, schleuderte das Handy zusammen mit der Sporttasche auf die Rückbank und raste los.
Tausend Gedanken rasten durch meinen Kopf. 
Tausend Szenarien spielten sich ab. 
Für andere wären sie weit entfernte Albträume aus einem Horrorfilm - für meine Schwestern und mich bedeuteten sie Realität. Alltag.
Ich schaltete die Motionless in White CD ein und stellte die Musik so laut, dass sie durch den Wagen dröhnte und alle anderen Geräusche verstummen ließ. Selbst meinen wild hämmernden Herzschlag.
Das blonde Mädchen tauchte in meinem Kopf auf. Das tat es immer, wenn der Horror zu real wurde. Es streckte seine kleine Hand nach mir aus und lächelte. Ich liebe dich Dario. Ich liebe dich mehr als alles andere.
Der Schmerz trat in den Hintergrund. Die Szenen in meinem Kopf verschwanden zusammen mit der Straße vor mir. 
Alles wurde still.
Wie immer sah ich nur noch sie.
Du bist der Wolf. Du hast mal gesagt, dass er gar nicht böse ist, dass er nur einsam ist. Alle haben Angst vor ihm, niemand hat ihn lieb. Aber ich liebe dich.
Ich drückte das Gaspedal bis zum Anschlag herunter und raste die Einfahrt zu unserem Haus entlang.
So schnell ich konnte, riss ich die Haustür auf und rannte die Treppe hoch in ihr Zimmer.
Als ich die Schranktür öffnete, erstarrte Leo. Tränen liefen über ihre geröteten Wangen, sie fiel mir um den Hals und drückte mich fest an sich. »Sie ist da unten mit ihm. Ich kann sie durch die Schächte hören.«
Meine Schwester brach in Schluchzen aus. »Ich will, dass er tot ist. Ich will, dass er endlich tot ist. Mach das es vorbei ist, bitte, bitte.«
Ich hielt sie noch einen Moment und schob sie sanft zurück.
Ich musste zu Melissa.
»Er wird sterben. Das verspreche ich dir.«
Ich verließ das Zimmer, straffte die Schultern und öffnete die Kellertür.
Melissas Schreie hallten durchs Haus, doch sie würden verstummen und durch meine ersetzt.
Denn dort unten in der Dunkelheit lauerte etwas, das Blut wollte. 
Und obwohl sich mein Magen verkrampfte und mein Herz raste, überfiel mich eine merkwürdige Stille.
Denn ich war nicht allein.
Das kleine blonde Mädchen streckte seine Hand nach mir aus ...
Ich liebe dich, Dario.
 

Fesselnde Dark Romance der Extraklasse. 

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